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«Eine Mitarbeiterbefragung ohne Benchmark-Vergleiche ist wie ein Thermometer ohne Temperaturanzeige»

Es ist von zentraler Bedeutung, die Resultate bei einer Mitarbeiterbefragung einem Benchmark gegenüberzustellen. Nur so können Ergebnisse wirklich interpretiert werden. Wer einen solchen Benchmark aussen vor lässt, läuft Gefahr, den Fokus auf die falschen Ergebnisse zu legen – denn Zahl ist nicht gleich Zahl.

 

Was macht eine gute Mitarbeiterbefragung aus?

icommit hat in den vergangenen 15 Jahren bezüglich dieser Frage einen grossen Erfahrungsschatz angelegt, den wir gerne mit Ihnen teilen.

Heute gibt es verschiedenste Möglichkeiten, wie Unternehmen Mitarbeiterbefragungen durchführen können. Ob kurz oder lang, digital oder analog, professionell oder selbstentwickelt. Der Befragungsmarkt hat heute für jeden Geschmack etwas auf Lager. Doch nicht jedes Befragungsinstrument eignet sich gleich gut, um die Organisation nach dem Abschluss der Befragung weiterzuentwickeln.

Dr. Simon Foppa befasst sich bei icommit mit der Weiterentwicklung von Befragungsinstrumenten. Dabei kann er sich auf den langjährigen Erfahrungsschatz eines Unternehmens stützen, das sich seit mehr als 15 Jahren mit unterschiedlichsten Formen der Mitarbeiterbefragung auseinandersetzt. In folgendem Beitrag gehen wir mit ihm der Frage nach, was eine gute Mitarbeiterbefragung ausmacht.

Herr Foppa, Sie arbeiten seit mehreren Jahren als Experte im Bereich Mitarbeiterbefragungen. Welche Trends haben Sie in dieser Zeit festgestellt?

Wir stellen fest, dass zurzeit viele neue Formate ausprobiert werden. Der Trend geht sicherlich hin zu digitalen Lösungen und tendenziell zu kürzeren Befragungen. Für solche Wünsche gibt es heute eine Vielzahl von neuen Möglichkeiten und Tools. Wir stellen aber auch fest, dass dieser Suchprozess nach neuen Formaten noch nicht abgeschlossen ist. Einige dieser Lösungen erscheinen vielversprechend, bergen jedoch auch einige Stolpersteine und Gefahren in sich, die sich oft erst nach der Befragung zeigen.

Was wären denn das für «Gefahren», die einige dieser Tools mit sich bringen?

Aus meiner Sicht gibt es vor allem zwei Arten von Gefahren. Zum einen gibt es neue Tools, welche die Konzeption der Befragung vollständig an den Kunden auslagern. Das sieht auf den ersten Blick nach viel Freiheit aus. Aber die Konzeption eines guten Fragebogens ist eine Wissenschaft für sich. Es geht schliesslich nicht nur darum, ein paar Fragen zusammenzustellen. Diese Fragen müssen auch in sinnvoller Weise zu einem ganzheitlichen «Messinstrument» abgestimmt sein. Nur so können daraus interessante «Diagnosen» resultieren, die sich zur Weiterentwicklung der Organisation verwenden lassen.

Die Bewertungen der Mitarbeitenden zu einem bestimmten Thema oder zu einer Frage sind da eher eines der weniger interessanten Ergebnisse. Viel interessanter ist beispielsweise die Frage, an welchen Themen man arbeiten muss, um einen grösstmöglichen Einfluss auf das Commitment und die Zufriedenheit der Mitarbeitenden auszuüben. Damit solche tiefergehenden Analysen möglich sind, muss der Fragebogen entsprechend konzipiert sein.

Daher agiert ein Tool, das die Fragebogenkonstruktion auslagert, in etwa so, als würde ein Architekt das Entwerfen von Bauplänen an seine Kunden auslagern. Natürlich kann man das machen, aber nicht jeder versteht genug von Architektur und Ingenieurswesen, um selbst Baupläne zu erstellen. Ich würde mir so etwas jedenfalls nicht zutrauen.

Warum Benchmark-Vergleiche zentral sind

Und was ist die zweite Gefahr?

Die zweite Gefahr besteht darin, dass mit neuen Formaten Ergebnisse produziert werden, die sich kaum interpretieren lassen.

Hierzu fällt mir eine Anekdote von Sven Bühler, dem Gründer von icommit, ein. Als er zu Beginn seiner Karriere, Geschäftsleitungen die Ergebnisse von Befragungen präsentierte, kam es sehr oft vor, dass er danach gefragt wurde, ob ein bestimmter Wert nun als positiv oder als negativ zu interpretieren sei.

Aufgrund seiner Erfahrung wusste er natürlich, dass verschiedene Themen unterschiedlich bewertet werden. Grundsätzlich zeigen unsere Erfahrungen, dass Themen, die der einzelne Mitarbeitende selber beeinflussen kann oder sogar Mitverantwortung trägt, besser bewertet werden als andere Themen. So ist beispielsweise auf einer Skala von 0 bis 100 ein Mittelwert von 67 beim Thema Vergütung sehr gut, und derselbe Wert bei der Beurteilung des Teams als kritisch zu interpretieren. Wäre aber jemand ohne Svens Erfahrung mit diesen Zahlen auf sich allein gestellt, würde er Gefahr laufen, an den falschen Themen zu arbeiten.

Diese Erfahrung hat Sven die Idee gebracht, für alle Fragen und Themen eigene Benchmarks zu entwickeln. Auf diese Weise können jede Geschäftsleitung und jedes Team auf einen Blick abschätzen, wo das Unternehmen im Vergleich zu anderen Organisationen oder Berufsgruppen steht.

Was einen guten Benchmark ausmacht

Könnten Sie kurz erläutern, was einen guten Benchmark bei Mitarbeiterbefragungen ausmacht?

Ein «Benchmark» ist ein Vergleichswert, der dabei helfen kann, die Ergebnisse besser einzuordnen. Daher ist es gerade bei Mitarbeiterbefragungen sehr wichtig, dass er möglichst genau auf die Kultur der Organisation zugeschnitten ist, welche die Befragung durchführt.

Wie Sie sich sicher vorstellen können, hat eine Kantonalbank eine völlig andere Unternehmenskultur als zum Beispiel ein Akutspital oder ein Industrieunternehmen. Daher ist es am sinnvollsten, wenn Kantonalbanken ihre Antworten mit denjenigen von anderen Kantonalbanken vergleichen und nicht mit den Antworten der Mitarbeitenden aus Spitälern oder Industrieunternehmen.

Eine Mitarbeiterbefragung ohne passende Benchmarks ist im Grunde wie ein Thermometer ohne Temperaturanzeige. Man sieht zwar, wie sich das Quecksilber bewegt, hat aber keinen Referenzwert, um abzuschätzen, ob der Patient nun Fieber hat oder kerngesund ist.

 

Die Mitarbeiterbefragung als Fundament zur Organisationsentwicklung

Es gibt natürlich ganz viele Aspekte, die eine gute Befragung ausmachen. Neben den Inhalten und den Benchmarks ist es aber vor allem wichtig, dass die Befragung im Unternehmen als Teil eines Prozesses der Organisationsentwicklung verstanden wird. Mit anderen Worten: Eine Befragung kann nur dann einen wirklichen Impact im Unternehmen entfalten, wenn man mit den daraus entstandenen Ergebnissen arbeitet.

Dieser Prozess muss gar nicht kompliziert sein und kann auch bis in die Teams weiterdelegiert werden. Es ist schon viel damit getan, wenn in der Organisation ein Bewusstsein dafür geschaffen wird, dass die Ergebnisse dafür da sind, dass jedes Team in Eigenverantwortung an seinen Stärken und Schwächen arbeiten kann.

Unsere Erfahrung zeigt, dass diejenigen Unternehmen, welche die Befragung von Anfang an als Prozess denken, phänomenale Resultate damit erzielen können. Denn wenn die Mitarbeitenden das Gefühl haben, dass ihre Rückmeldungen ernst genommen werden, sind sie auch motivierter, sich für ihr Unternehmen einzusetzen. Dadurch entsteht eine positive Feedback-Schleife, die wir als Commitment-Kultur bezeichnen. Das ist aus unserer Sicht das eigentliche Ziel einer Mitarbeiterbefragung.

Drei Säulen einer erfolgreichen Mitarbeiterbefragung

Wir können somit festhalten, dass eine zielführende Mitarbeiterbefragung sich zumindest auf drei Säulen stützen sollte: auf ein wissenschaftliches Messmodell, auf Benchmark-Vergleiche und darauf, dass sie als Teil der Organisationentwicklung verstanden und gelebt wird. Ist dieses Fundament gegeben, kann eine Mitarbeiterbefragung auch langfristig Wirkung entfalten und ihre Arbeitswelt positiv prägen.

Autorenbeschrieb

Von Dr. Simon Foppa in Zusammenarbeit mit Lukas Ackermann.

Simon Foppa unterstützt als Befragungsexperte bei icommit Organisationen bei der Durchführung von Mitarbeiterbefragung jeglicher Art.

Lukas Ackermann setzt sich als Status Quo Challenger für die Weiterentwicklung von icommit in den Bereichen Marketing und Strategie ein.

Simon Foppa

Author Simon Foppa

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